US-Berufungsgericht: Amazon kann unter Umständen für fehlerhafte Produkte von Marketplace Sellern haftbar gemacht werden

US-Berufungsgericht: Amazon kann unter Umständen für fehlerhafte Produkte von Marketplace Sellern haftbar gemacht werden
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Ein Berufungsgericht in Pennsylvania hat entschieden, dass Amazon künftig für defekte Produkte haftbar gemacht werden kann, die von Marketplace Sellern über Amazon.com verkauft werden. Mittlerweile erwirtschaftet Amazon fast die Hälfte seines E-Commerce Umsatzes über den Bereich Marketplace.

Die Entscheidung, die am 2.7.2019 von einem Gericht in Philadelphia gefällt wurde, revidiert vorangegangene Gerichtsurteile und könnte für Amazon zukünftig durchaus ernsthafte Konsequenzen haben. Kritiker werfen Amazon immer wieder vor, zuzulassen dass gefälschte, qualitativ minderwertige und potenziell gefährliche Produkte von Händlern über die Plattform verkauft werden.

Bisher war es Amazon immer wieder gelungen, Haftungsansprüche zu umgehen, die auf defekten Produkten von Marketplace Sellern basierten. 2018 verursachte der explodierte Akku eines Hoverboards einen Hausbrand mit einem Sachschaden von fast 400.000 Dollar.
Der Geschädigte verklagte Amazon wegen unzulässiger Warnhinweise, das zuständige Gericht in Tennessee wies die Klage jedoch ab. Vor allem deswegen, weil Amazon selbst nie Besitzer und Verkäufer des Produktes war, auch wenn es von Amazon eingelagert und geliefert wurde.

Das jüngste Urteil in Pennsylvania basierte auf dem Fall von Heather Oberdorf, die 2015 vom Amazon Marketplace Seller „The Furry Gang“ ein Hundehalsband mit ausziehbarer Leine erworben hatte. Während eines Spaziergangs riss sich ihr Hund los und der Befestigungsring des Halsbandes zerbrach. Die flexible Leine schnappte daraufhin zurück und traf die Brillenträgerin Oberdorf im Augenbereich. Diese erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass sie auf einem Auge das Augenlicht verlor.

In erster Instanz lehnte ein Gericht die Klage ab, da Amazon nicht der Verkäufer des defekten Produkts war. Das Berufungsgericht kam allerdings mit 2-1 Stimmen zu dem Schluss, dass Amazon inzwischen in der Lieferkette eine weit größere Rolle einnimmt als nur die einer passiven Verkaufsplattform. Amazon kümmere sich vielmehr, gegen eine Gebühr, um die gesamte Zahlungsabwicklung, Logistik, Retouren, Kundensupport und weitere essenzielle Bestandteile der Transaktion und fungiere somit quasi als Verkäufer, so die Richterin Jane Richards Roth.

Eine rechtlich durchaus strittige Ansicht, meint Richter Anthony Joseph Scirica, der gegen die Entscheidung stimmte. Die Transaktion im Sinne eines Eigentumsübergangs, fände schließlich zwischen dem Käufer und dem Marketplace Seller statt, Amazon sei dabei nie der Eigentümer der Ware gewesen.

Paradoxerweise ist es weder den Anwälten der Geschädigten noch Amazon selbst bisher gelungen, den eigentlichen Marketplace Seller ausfindig zu machen. Der Account von „The Furry Gang” weist seit 2016 keine weiteren Verkäufe mehr auf. Auch das ist laut dem Gericht ein ernstzunehmendes Problem.

“Amazon berücksichtigt in keiner Weise die Tatsache das Verkäufer und Käufer ausschließlich via Amazon kommunizieren können“ heißt es im Urteil weiter “ Marketplace Sellern wird so erlaubt sich vor dem Endkunden zu verstecken, wodurch geschädigte Kunden keine direkten Regressansprüche gegenüber den Verkäufern gelten machen könnten“

Durch das Urteil ist es Oberdorf und ihren Anwälten nun möglich, rechtlich gegen Amazon vorzugehen. Entschieden ist dabei aber noch lange nichts. Das Berufungsgericht verwies den Fall jetzt wieder an eine untere Instanz zurück, wo nun entschieden werden soll, ob an der Hundeleine die Heather Oberdorf verletzt hat, tatsächlich ein Defekt vorlag. Ebenso bleibt abzuwarten, wie sich das Urteil aus Pennsylvania, das für ein sehr striktes Produkthaftungsrecht bekannt ist, auf andere Staaten auswirken wird. Produkthaftungsfälle werden nämlich in den USA immer auf Basis des Bundesstaatenrechts geregelt.

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